© Alex F. / Mittelalter Explorer
Mittelalter Explorer Rezepte
Breie
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Findige Menschen Altasiens & Altamerikas, mit hellsichtigen Augen prüfend und schauend, erkannten die förderlichen Bedingungen regen Wachstums ihrer bevorzugten Auswahl nahrungswürdiger Pflanzen. "Die Guten ins Töpfchen - die Schlechten ins Kröpfchen" will heißen: üppige & solide Früchte wurden offentsichtlich hochwertig geschätzt & fleißigst geerntet - schwächlicher & dürftiger Wuchs wurden bewußt dem natürlichen Prozeß modernder Vergänglichkeit übereignet oder der gefräßigen Meute wilder sowie domestizierter Tiere. Nach & nach, über Jahrtausende hinweg, wuchs stetig das notwendige Wissen der alteuropäischen Menschen, um die Kultivierung einheimischer sowie fremdländischer Grasgewächse, zunächst im klimatisch begünstigteren Mediterranien, später nach lang währendem Forschen auch nördlich der Alpen & noch später im kargen skandinavischen Raum. So präsentiert sich im mittelalterlichen Europa eine bunte Palette an die unterschiedlichsten Klimata angepasster Getreidesorten, wie Dinkel, Gerste, Hafer, Hirse, Roggen & Weizen. Ein besonders edles Getreide blieb der teure Reis, welcher zunächst zusammen mit feinen Gewürzen aus den asiatischen Ländern wagemutig importiert wurde, bis arabisches Wissen das europäische Abendland mit hydroagrarischen Technologien wohlwollend bereicherte. Aus dem quirligen Reigen traditioneller Getreidegerichte dieser Art seien einige wenige sellvertretend herausgehoben: die altitalische Puls die lombardische Polenta (urspr. Gerste, dann Weizen & erst neuzeitlich Mais) die französchische Bouillie das englische Porridge die skandinavische Gröd (Grütze) & unser heißer Brei Eine der einfachsten & wahrscheinlich auch ursprünglichsten Methoden: Zum erfolgreichen Gelingen einer schmackhaften Breikreation muß notwendiger Weise eine beliebige Flüssigkeit erhitzt werden, welche von geschrotetem Korn gierig saugend eingedickt werden soll. Um die geschmacklichen Nuancen der unterschiedlichen Cerealien sinnlich zu erfahren, eignet sich unangefochten unser wichtigstes Lebensmittel: Wasser Weiters sei die heiße Sache mit einfachen Zutaten abrundend verfeinert. Es bieten sich an: Salz, Honig, brauner Zucker, Essig, süße & saure Sahne, Buttermilch, Butter, Schmalz, Öl, Speckgrieben. Oder frische Kräuter, liebevoll gezüchtet im behütetem Garten oder fachkundig gesammelt in saftiger Wildnis. Es ist auch denkbar, den heißen Brei mit einem Mus geschmacklich anzureichern (aus dem Buch von Guter Speise): Ein gebacken Mus von Fischen Einen Barsch in Essig beizen, den mit Reismehl & Schmalz in Mandelmilch aufkochen & ziehen lassen, nicht versalzen. Quittenmus Quitten gar kochen, durch ein Sieb schlagen, mit Eidotter abrührenzuckern & nicht versalzen. Apfelmus Schöne Äpfel schälen & klein schneiden, in Wasser sieden, mit Wein, Schmalz & Eiern legieren, nicht versalzen. Mandelmus Weißbrotwürfel in Mandelmilch aufwallen lassen, Apfelwürfel in Schmalz rösten & über's Mandelmus geben. Veilchenmus Dicke Mandelmilch mit Reismehl gut abrühren, genügend Schmalz hineintun, mit Veilchenblüten gut färben. Nußmus Nußkerne klein stoßen, mit einer süßen geronnenen Milch durch ein Tuch schlagen, eine Semmel bröseln & darin kochen dazu: genügend Schmalz, mit Eidottern abrühren, mit Safran färben. Birnenmus Geschnittene Birnen in Wein & Schmalz kochen, durch ein Tuch schlagen, mit Eidottern abrühren, Gewürze darauf streuen. Kirschenmus Weichselkirschen mit wenig Wasser kochen, mit Semmelbröseln durch ein Tuch schlagen, aufwallen lassen, Schmalz dazu geben, mit Eidottern verühren, beim Anrichten Würze darauf streuen. Ein Weichselkirschenkompott Weichselkirschen in eigenem Saft sieden, abkühlen lassen, durch ein Tuch schlagen, in einen gepichten Topf schütten, dazu: Honig & Galgant, wer es sogleich essen will, würze es nicht. Eine andere Variante besteht darin, das grobgemahlene Getreide in einem Fett (Butter, Öl, Schmalz, Speck) anzurösten, & die ganze Sache mit einer Würzbrühe abzulöschen & aufzukochen (ebenfalls aus dem Buch von Guter Speise): Ein Würzbrühlein Rindfleisch in einer fetten Brühe kochen, dazu: Salz, Schalotten & viel Minze . Swallenbergs Sauce Wein mit Honig kochen, dazu: mehr zerstoßenen Ingwer als Pfeffer, nicht allzuviel Knoblauch zerstoßen, kochen lassen. Hier sei nun noch eine Möglichkeit beschrieben, die sich sich aus meinen Experimenten zu entwickeln begann. Eine schnelle & billige Sache, die innerhalb von einer guten viertel Stunde einer Person sättigenden Genuss bringen kann. Das Grundprinzip ist denkbar einfach: Wir benötigen zuerst ca. 200g feingehacktes Irgendetwas, das den Geschmack unserer Speise betonen soll. Dieses dünsten wir sachte in einem der oben angegebenen Fette, oder wir braten es stark an, wie es uns beliebt. Salzen oder zuckern, je nach eingeschlagener Geschmacksrichtung. Nach ein paar Minuten streuen wir ca. 100g grobgeschrotenes Getreide darüber, lassen es die entstandene Flüssigkeit aufsaugen, & rösten die trockene Ware ein wenig an. Nach weiteren wenigen Minuten löschen wir mit ca. einem halben Liter Wasser ab. Es gehen auch Brühe, Milch oder Wein, oder verschiedene Mischungsverhältnisse der vier Komponenten. Nun lassen wir alles bei kleiner Flamme, selbstverständlich fortwährend rührend, eindicken, so fest, wie wir wollen & aromatisieren noch einmal nach individuellen Wunsch. Hier nun meine Favoriten; es sind dies keine historischen Gerichte, hätten aber durchaus in historischen Zeiten so zubereitet werden können: Glücklich die, die einen großen Blumentopf haben, in dem ein ausladender Mangold wächst. Sie können sich immer wieder drei bis vier Blätter von der Pflanze abschneiden und diese kleingehackt mit ein wenig Knoblauch in einem Schlenker Olivenöl andünsten. Salzen & pfeffern werden sie dann, bevor sie einen Hartweizen- oder Dinkelgrieß darunter mengen & anrösten. Schließlich werden sie das Ganze mit Wasser ablöschen und den eingedickten Brei noch einmal nachwürzen. Wenn im Frühjahr die ersten jungen Karotten auf den Markt kommen, sollten wir ein paar davon in feine Scheiben schneiden. Wir dünsten sie in Butter zusammen mit einer Hand voll gehackter Petersilie - aus einem anderen Blumentopf. Eine Prise Salz und eine Prise braunen Zuckers runden das ganze ab. Nun noch den Weizengrieß darüber gestreut, auf daß er das geschmacktragende Fett aufsauge. Mit Wasser den Brei fertig stellen & mit saurer Sahne einen letzten Schliff verleihen. Hier etwas Kräftiges für die Winterszeit. Eine Scheibe Bauchspeck & eine Zwiebel werden gewürfelt & in einer Pfanne schön braun gebraten. Kräftig pfeffern & eine ordentliche Portion getrockneten Majoran dazu geben - Salz hat der Speck meist genug. Danach kommt der Grieß in gewohnter Weise zum Einsatz & das Wasser vollendet die Masse zum Brei. Am End' kann mit Apfelmus abgeschmeckt werden. Oder vielleicht etwas Obstiges? Wir schmälzen, wie die Schwaben so treffend formulieren, in Schmalz kleine Stückchen einer Birne alter Sorte, und feuern sie mit einer Prise braunen Zuckers, etwas Ingwer & Pfeffer an. Weizengrieß wie gehabt, doch löschen wir mit Weißwein ab. Ist die heisse Masse fertig, schmelzen wir darin noch eine kleine Scheibe Gorgonzola & würzen vielleicht noch mit einem Honig nach. Aus: Culinaria Antiqua